Am 27. und 28. November versammelten sich die besten Nachwuchsruderer unseres Landes am Dortmund-Ems-Kanal um eine 6.000 Meter lange Strecke mit maximalem Tempo zu absolvieren. Dabei ging es nicht bloß um die Ehre, sondern um wertvolle Plätze, die womöglich über die eigene sportliche Zukunft entscheiden würden.

Über die Dortmunder Langstrecke

Die „Dortmunder Langstrecke“ gehört wohl zu den renommiertesten Veranstaltungen im Deutschen Rudersport. Der Deutsche Ruderverband (DRV) prüft traditionell am ersten Adventswochenende seinen Jugendkader. Die Athletinnen und Athleten treten in verschiedenen Klassen an. Zunächst gilt es, 2.000 Meter auf dem Ergometer zu überstehen, bevor es am Folgetag aufs Wasser geht.

Während sich rund 250 Sportler aus dem ganzen Bundesgebiet am Samstag ab 9:00 Uhr auf dem Ergometer quälen, treten bis 12:00 Uhr parallel die 150 besten Ruderer Nordrhein-Westfalens zur 6.000 Meter langen Strecke auf dem Dortmund-Ems-Kanal an. Flankiert von Freunden oder Trainern, die ihre Schützlinge auf dem Fahrrad begleiten und immer wieder lautstark motivieren.

Ausgangs- und gleichzeitig Endpunkt ist das Ruderleistungszentrum (RLZ), wo der „Ruderclub Hansa 1898 e.V.“ sowie der Deutschland-Achter ihre Heimatbasis haben. Die Ruderer lassen hier ihre Boote zu Wasser und machen sich gen Startpunkt in 6.000 Metern Entfernung auf. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt sicherlich in mehrerlei Hinsicht ein gutes Aufwärmprogramm. Und gleichzeitig Gelegenheit, die eine oder andere Actionkamera anzubringen oder richtig auszurichten.

Besonderheiten der 2021er Ausgabe

Leider wusste ich von den selbst auferlegten „2G+“-Beschränkungen nichts und konnte – weil „ungetestet“ – nicht an alle Orte gelangen, die für mich fotografisch interessant gewesen wären. Da auch andernorts die Mehrheit mit FFP2-Masken im Außenbereich herumlief, entschied ich mich im Allgemeinen dazu, den Sportlern an diesem Tag bewusst nicht auf die Pelle zu rücken.

So entstand keine klassische Reportage, bei der ich nah an den Akteuren bin. Es fehlt dafür an spannenden Interaktionen,an Portraits, um einen Bezug zu den Akteuren herzustellen. Aus diesem Grund hatte ich mich zunächst dazu entschieden, diese Bilder hier nicht zu veröffentlichen. Mit Blick auf den letzten Artikel, der sich mit der Frage beschäftigt, wann Fotos in Farbe oder Schwarzweiß funktionieren, habe ich diese Entscheidung noch einmal überdacht.

Meine Herangehensweise an die Veranstaltung

Da ich von der „2G+“-Auflage nichts wusste, bis ich am RLZ eintraf, startete ich bereits auf dem Hinweg voll motiviert mit klassischen Reportageelementen. Querformate, Hochformate, negativer Raum für Textelemente sowie nachträglichen Beschnitt und Horizontausrichtung. Das volle Programm. Eine bewusste Entscheidung, weil ich eigentlich an die Menschen heran wollte. Mit maximal 200 Millimetern Brennweite war vorhersehbar, dass ich über den Kanal hinweg keine typischen Sportausschnitte würde fotografieren können, bei denen man „das Weiße in den Augen sieht“.

Mein Weg zur Veranstaltung führte mich durch den Fredenbaumpark. Wegweiser zum RLZ fing ich fotografisch ein, ebenso das nasse Laub, das den menschenleeren Weg säumte. Bei einem Wegweiser hatte ich besonders viel Zeit, diesen „schön“ zu fotografieren. Der Weg, den ich entlang wanderte, kreuzt die Bahnstrecke, die in den Hafen führt. Gefühlte fünf Minuten lang schlängelte sich keine zwei Meter von mir entfernt ein nicht enden wollender Güterzug aus dem Hafengebiet hinaus.

Nach dem unbeschränkten Mini-Bahnübergang waren es nur noch wenige Meter, bis ich aus eine Senke herauskam und – gegen 12:30 Uhr – den Kanal sowie die ersten Ruderer erspähte. Die Auslaufzone, wie sich später herausstellen sollte. Es war trüb, der Himmel kam im Einheitsgrau daher und spiegelte sich im Wasser. Der Kanal ist gesäumt von Bäumen, die Ende November keine Blätter trugen. Ein Kran verlieh der Szene zusätzlich industriellen Charme. Die dunkelbraune Spundwand war „getaggt“, mit weißer Farbe. Für mich schrie in diesem Moment innerlich alles nach einer Schwarzweißserie.

Meine Kamera ist grundsätzlich so eingestellt, dass sie mir die Vorschau in Schwarzweiß ausgibt. So lenken mich keine Farbkontraste von den Luminanzen im Bild ab und ich sehe, ob ich ggf. anders „framen“ sollte, weil extrem helle Bereiche von meinem Motiv ablenken. Zeitgleich ist es natürlich ein wunderbares Kontrollinstrument dafür, ob ein Bild in Schwarzweiß „funktioniert“. Das traf auf die eben erstellte Aufnahme zweifelsohne zu.

Final festlegen wollte ich mich in diesem Moment noch nicht, weil unklar war, wie die Veranstaltungssituation am RLZ daherkommen würde.

Entscheidung für Farbe oder Schwarzweiß

In der Folge forcierte ich den Schwarzweißgedanken mehr. Ich fotografierte sowohl Motive, von denen ich vor dem Auslösen wusste, sie würden jeweils reinweg in Farbe oder Schwarzweiß funktionieren. Möglichst so ausgewogen, dass ich bei der anschließenden Bildauswahl noch eine Entscheidung für die eine oder andere Variante treffen könnte, weil für beides ausreichend Material vorliegt.

Trotz des bedeckten Himmels lag eine klare Lichtrichtung vor. Dies restringierte die Wahl meiner Positionen, von denen aus ich fotografieren konnte. Ich probierte Standorte auf beiden Seiten des Kanals, doch nur eine Seite brachte vorzeigbare Ergebnisse. Auch von der Brücke aus kamen ein paar schöne Resultate zustande. Der Standpunkt ermöglichte mit 200 Millimetern Brennweite engere Bildausschnitte der Sportler.

Zeitweise zeigte sich die Sonne, so dass ein paar Gegenlichtaufnahmen möglich waren. Da die Wintersonnenwende kurz bevor stand, wurde es schnell dunkel. Bereits gegen 14:30 Uhr wurde das Licht langsam „golden“. Bis zum Ende der Veranstaltung gegen 15:00 Uhr sollte es so bleiben. Eine willkommene Abwechslung zum Einheitsgrau des bisherigen Tages. Allerdings nichts, was man sehen würde, so ich mich für eine Schwarzweißserie entschied.

Ich folgte meinem ersten Instinkt, so ungern ich mich von manchen Farbaufnahmen im Edit auch trennte. „Kill your darlings“, im Sinne der Serie.

Meine finale Serie von der Dortmunder Langstrecke 2021

Ich denke, mit der nachfolgenden Bildreihe vermittle ich einen Eindruck vom Rudersport und dem Setting. Wenngleich, wie vorher schon angesprochen, für mich wichtige Bildtypen einer Reportage fehlen. Die Aufnahmen würde ich daher insgesamt eher als distanziert und steril bis kühl beschreiben. Die Schwarzweiß-Wahl trägt in dem Fall sicherlich zusätzlich dazu bei, da Emotionen als Gegengewicht fehlen.

Einzelne Aufnahmen, wie beispielsweise das Titelbild dieses Artikels, wissen fotografisch durchaus zu gefallen. Das Serienresultat entspricht jedoch nicht im Entferntesten meinem Anspruch an eine gelungene Reportage. Dementsprechend würde ich beim nächsten Mal gern wieder bedenkenlos die Bildtypen fotografieren, die mir wichtig sind.

Interessant war es für mich vor Ort dennoch, da ich sinnbildlich den Zeh in ein neues Gewässer halten durfte.

Bonus

Wenn du auch Reportagen fotografieren und wissen möchtest, welche Bildtypen ich in meiner finalen Serie schmerzlich vermisse, empfehle ich dir, einen Blick in meinen Artikel zur LIFE Formula zu werfen. Darin liste ich typische Bildarten einer Reportage auf. Solltest du die LIFE Formula grundsätzlich kennen, jedoch noch nicht sicher sein, welche Bildtypen du bei einer Reportage fotografieren solltest, lege ich dir meinen Documentary Field Guide ans Herz. Einfach ausdrucken und in die Fototasche stecken!

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