Als Fotograf stehst, liegst, sitzt oder hängst du hinter deiner Kamera, allein. Viele Fotografen sind sogenannte „Solo-Selbstständige“ und stemmen darüber hinaus ihren Business-Alltag. Dabei kommen sie mit vielerlei Menschen in Kontakt. Ein wichtiger Aspekt, um sich weiterzuentwickeln, kann der berühmte „Blick von außen“ sein. Aber wen Fragen sie um Feedback zu ihren Fotos und wen sollten sie eigentlich fragen? 

Wir Menschen sind eine komische Spezies, die vielfach unter einer gestörten Selbstwahrnehmung leidet. Ob es um unser Aussehen geht oder um unseren Intellekt, manches Mal liefern uns andere Menschen ein ganz anderes Bild von uns, als wir es von uns selbst haben. Das hilft uns vielleicht, positiv in den Tag zu starten, aber am Ende zählen für den Berufsfotografen die „Brot und Butter“-Jobs, wie viele sie nennen. Sie sind überwiegend nicht die kreative Erfüllung, zahlen jedoch die Miete und bringen das Essen auf den Tisch. Um einen berühmten Philosophen der Neuzeit zu zitieren: „Stillstand ist der Tod.“, sang einst Herbert Grönemeyer. Entwickeln wir uns als Mensch, als Fotograf nicht weiter, bleiben die „Brot und Butter“-Jobs vielleicht irgendwann aus. Man muss nicht jeden Trend mitmachen, aber sollte grundsätzliche Veränderungen in der Branche nicht verschlafen.

Gleiches gilt selbstredend auch für den geneigten Hobbyfotografen. Für den geht es allerdings nicht um seine wirtschaftliche Existenz, sondern um Spaß an der Freude. Ich will keineswegs sagen, das sei weniger wertvoll, doch du verstehst den Unterschied.

Ob du nun Hobby- oder Berufsfotograf bist, du möchtest dich austauschen um sicherzustellen, dass du Transformationen mitmachst und dich weiterentwickelst. Diese Prozesse können primär auf gestalterischen Aspekten fußen und zu einer Veränderung deiner Bildkompositionen führen. Genauso können technische Neuheiten eine Rolle spielen – beispielsweise der Umstand, dass spiegellose Systemkameras heutzutage neben der Fotografie auch wunderbar für die Videografie eingesetzt werden können. Kürzlich gab Instagram bekannt, man wolle künftig vermehrt auf Videoinhalte setzen und diese bevorzugen. Ob man diese Plattform mag oder nicht, sie hat über eine Milliarde Nutzer. Gewöhnen diese sich an ein Plus an Videos im Alltag, werden tendenziell andere Unternehmen auf den Zug aufspringen wollen.

Zugegeben, diese Entwicklung ist sicherlich keine primär von Instagram getriebene Entwicklung, aber sie taugt als Beispiel einer medialen Verschiebung.

Die Frage ist nun, mit wem du dich über deine Fotografie austauschen solltest um solches Feedback zu erhalten, das möglichst großes Potenzial für deine fotografische Weiterentwicklung bietet. Um für mich einzuordnen, ob ich eine erhaltene Rückmeldung als „Feedback mit Potenzial“ einordne, stelle ich mir drei Fragen. Anhand dieser kann ich gezielt differenzieren.

Feedback einordnen
  1. Weiß mein Gegenüber, wovon er redet?
  2. Versteht mein Gegenüber, was mein Ziel ist?
  3. Hat mein Gegenüber das Ziel, mir zu helfen?

Betrachten wir diese drei Aspekte einzeln.

1. Weiß mein Gegenüber, wovon er redet?

Oder anders gefragt: Wer ist mein Gegenüber, von wem erhalte ich Feedback?

Feedback via Social Media

Social Media haben sicherlich eine gewisse Daseinsberechtigung. Die Nutzer entscheiden über die Verwendung des Gerüsts. Konsumierst du nicht bloß Inhalte, sondern teilst diese über eine der großen Plattformen, wird – zumindest ab einer gewissen „Größe“ des Kanals – Feedback eintrudeln. Ein Teil kann helfen, ein größerer Teil wird destruktiver Natur sein, der Rest undefinierbar irgendwo dazwischen. Pseudonyme machen es vielfach schwierig bis unmöglich, zu identifizieren, mit wem du es zu tun hast. Social Media können ein Ort sein, an dem du wertvolles Feedback erhalten kannst. Allerdings ist ein gewisser Aufwand erforderlich, den Ausschuss zu filtern.

Feedback von Freunden und Familie

Mit Freunden und Familie verbringen wir vergleichsweise viel Zeit und vertrauen auf ihre Expertise, weil wir über die Jahre gelernt haben, unser Gegenüber einzuschätzen. Doch es gibt Unterschiede. Meine Oma würde ich kaum zu möglichst renditestarken Finanzprodukten befragen, aber sie wäre unschlagbar, wenn es um Tipps dafür ginge, den nächsten Sonntagsbraten auf den Tisch zu bringen. Will heißen: Hat jemand von Fotografie keine Ahnung, ist er vielleicht nicht der richtige Ansprechpartner. Und selbst dann wird er es möglicherweise wie andere Freunde und Familienangehörige halten, die dich in deinem Tun positiv bestärken wollen. Das mag im Grunde menschlich eine nette Geste sein, jedoch hilft sie dir bei deinem Vorhaben, fachliches Feedback einzuholen, nicht weiter.

Feedback von Kunden

Da Fotografen eher selten Fotografen buchen, ist davon auszugehen, dass dein Kunde nicht zwangsweise über dieselbe fotografische Expertise verfügt wie du selbst. Als Dienstleister bist du für Kunden in der Regel ein Problemlöser. Produkt XY wird gelauncht und dafür werden Produktfotos benötigt. Damit gibst du dem Kunden den Hebel, seine Produkte zu verkaufen. Am Erfolg des Produkts wird der Kunde dich in gewisser Weise messen. Davor vielleicht daran, ob dem Chef die Fotos gefallen. Ist der Chef 68 Jahre alt und die Zielgruppe 14 Jahre alt, ist der Chef nicht zwangsweise der richtige Gradmesser. Und kommerzieller Erfolg bedeutet nicht immer zwangsweise das Durchsetzen von Qualität, er hat vielfach mit der Form des Marketings, des Timings und auch Glück zu tun. Mit ebenso viel Glück erwischst du einen Kunden, mit dem du dich auf Augenhöhe unterhalten kannst.

Feedback von Fotografen (oder anderen Künstlern, z.B. Malern)

Je nach Erfahrungsgrad unterscheidet sich die Expertise von Fotografen.

Jemand, der 20 Jahre in der Branche überstanden hat, wird vermutlich einigermaßen gut kalkulierte Preise aufrufen und die betriebswirtschaftliche Komponente im Blick haben. Dafür ist er vielleicht sehr auf seine Schiene eingeschossen, weil sie für ihn wirtschaftlich funktioniert.

Ein Einsteiger, der frisch aus der Ausbildung oder von der Hochschule kommt, hat Grundlagen gelernt. Der eine vielleicht mehr im künstlerische Sinne, der andere vielleicht mehr hinsichtlich des Projektmanagements von Fotoaufträgen. In jedem Fall sind sie wenig eingefahren und haben einen frischen Blick auf die Dinge.

Deine Foto-Kollegen sind nicht deine Familie (in den meisten Fällen) und haben auch kein Interesse daran, dich zu bauchpinseln, weil irgendein Produktlaunch erfolgreich verlief und du die nächste Kampagne für das gleiche Geld fotografieren sollst. Sie sind fachlich auf deinem Niveau und werden tendenziell hart und ehrlich sein. Erlebst du das nicht regelmäßig, kann es ein kleiner Schock sein. Stell dich innerlich vorab darauf ein, offen zu sein.

Je mehr ein anderer Fotograf dich auf Augenhöhe mit sich selbst sieht, desto eher wird er auf eine Mail oder einen Anruf positiv reagieren und sich bereitwillig mit dir austauschen. Schließlich ist er genauso auf der Suche nach Feedback wie du. Andernfalls zahlst du ihm vielleicht die nächste Tankfüllung – auch das kann eine Win-Win-Situation sein.

Zeit ist Geld. Deshalb solltest du möglichst gut vorbereitet in ein solches Gespräch gehen. Ein Fragenkatalog kann helfen.

Mit etwas Glück findest du auf diese Weise einen Mentor, der dir konstantes Feedback liefert. Besonders hoch sind die Chancen, wenn du jemanden findest, den du schätzt (z.B. für seine Fotografie, seine Ideen, seine Philosophie) und du dich selbst für diesen Menschen wertvoll machst.

Feedback von anderer Stelle

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, diese Auflistung ist nicht vollständig. Die oben genannten Personenkreise sind Beispiele, die für jeden Hobbyfotografen erreichbar sind. Darüber hinaus gibt es diverse weitere (gute) Optionen, dir Feedback einzuholen. Marketing- oder Modelagenturen sind beispielsweise solche Stellen. Auch Galerien können eine hervorragende Anlaufstelle sein. Galeristen und Agenturmitarbeiter sehen üblicherweise viel Kreatives und haben einen guten Überblick über den Markt.

2. Versteht mein Gegenüber, was mein Ziel ist?

Viele Menschen geben heutzutage Details über sich im Internet preis. Manch einer weniger, manch anderer mehr. Auf dieser Website findest du z.B. eine About-Sektion, in der ich mich vorstelle. Zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels ist darin u.a. mein Werdegang im eSport beschrieben und zudem genannt, dass ich mich auch in Zukunft gern mit dem Thema Jugendkultur fotografisch befassen möchte.

Lege ich dir nun eine Bildstrecke mit Fotos aus einem Altenheim vor, entspricht das nicht ganz meiner angepeilten Idee. Bestenfalls hast du dich im Vorhinein mit meiner Person befasst und wirst mir das mitteilen oder du gibst mir wohlwollend die Rückmeldung, die Foto seien super (gehen wir mal vom Positiven aus). Dabei verrenne ich mich ggf. in Projekte, die mich nicht glücklich machen.

An dieser Stelle meinen allergrößten Respekt an alle, die regelmäßig in Altenheimen fotografieren.

Vielleicht sagt dir der Begriff „Elevator Pitch“ etwas. Dahinter steckt der Gedanke, deine Geschäftsidee so kurz und knackig zu erklären, dass du sie jemandem während einer Fahrt mit dem Aufzug nahebringen könntest. Das zu üben, hilft im Alltag immer wieder. Entsprechend kann ich nur jedem nahelegen, über das eigene Profil als Fotograf nachzudenken und einen solchen „Elevator Pitch“ zu üben. Allein vor dem Spiegel, und auch mit Oma und Opa. Kannst du jemandem, der mit Fotografie nichts am Hut hat, dein Vorhaben erklären, gelingt das mit einem Kollegen erst recht.

Gehe nicht davon aus, dass sich dein Gegenüber die Zeit genommen hat, sich auf das Gespräch vorzubereiten. Vielleicht hat er es auch, aber es ist schon ein paar Tage her und eine Auffrischung tut gut. Deinen „Elevator Pitch“ an den Anfang einer Feedbackrunde zu stellen, hilft, alle Beteiligten schnell auf das gleiche Diskussionslevel zu bringen.

3. Hat mein Gegenüber das Ziel, mir zu helfen?

Diese Frage klingt vielleicht zunächst danach, als wollen andere Menschen dir etwas Böses. Das mag auf einige Individuen zutreffen, aber gemeint ist das keineswegs. Vielmehr steckt dahinter einmal mehr die Botschaft, genau zu schauen, wer dir Feedback gibt.

Nehmen wir an, du unterhältst dich mit einem anderen Fotografen über eine deiner Bildstrecken. Er ist Landschaftsfotograf, du bist Architekturfotograf. Die Bildstrecke ist dein erster Versuch, dich in der Portraitfotografie zu versuchen. Auch dein Gegenüber hat darin keinerlei Expertise. Grundlegend habt ihr beide Ahnung von Bildgestaltung und natürlichem Licht. Ungewohnt sind für euch beide die Kommunikation mit einem Menschen vor der Kamera und du hast dich beim ersten Test direkt an künstliche Lichtsetzung gewagt.

In dem Fall kann es passieren, dass dein Gegenüber anfängt, zu überlegen, wie er selbst fotografiert hätte und nicht in der Lage ist, sich auf deine Ziele einzulassen. Er ist so sehr damit beschäftigt, das Szenario für sich zu durchdenken, dass er dir kein wertvolles Feedback liefern kann. Das muss nicht geschehen, wäre aber keine böse Absicht.

Wegbegleiter, die in etwa auf demselben Niveau agieren, können für dich dennoch sehr wertvoll sein. Sie sind häufig zu einem regelmäßigen Austausch bereit und ihr könnt gemeinsam an euren Aufgaben wachsen – wenn ihr offen, ehrlich und respektvoll miteinander umgeht. Sie fungieren ausgezeichnet als Kompass, wenn du ihnen deine Pläne kommunizierst.

Fazit

Feedback von Agenturen, Galerien oder erfahrenen Fotografen sind sicherlich das wertvollste, das du erhalten kannst. Dafür zahlst du in der Regel einen gewissen Obolus. Anfänger und Fotografen auf deinem Level können dich weiterbringen. Social Media, Freunde und Familie sind zumeinst nicht der beste Weg, nach fachlicher Meinung zu fragen.

Bereite Gespräche gut vor, und gehe offen in sie hinein.

Los geht’s

Wann holst du dir dein nächste Feedback ab?

Ausreden gibt es keine. Heutzutage funktioniert der Austausch einfacher denn je. Via Internet, VOIP und Bildschirmübertragung kannst du dich (beinahe) mit jedem Menschen auf diesem Planeten austauschen.

Geheimtipp: Auch ich suche immer wieder andere Fotografen, mit denen ich mich austauschen kann.

Bonus

Um deinen Weg zu finden, solltest du allerdings nicht ausschließlich nach externem Feedback zu deinen Fotos suchen. Thematisch naheliegend, könnte dich ebenfalls interessieren: In einem anderen Beitrag lasse ich meine Gedanken zum Finden des eigenen Stils schweifen.

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