Ich werde regelmäßig danach gefragt, mit welchen Einstellungen ich eine Aufnahme gemacht habe. Gemeint sind in der Regel die Belichtungsparameter: Blendenöffnung, Belichtungszeit und ISO. Warum es vergleichsweise wenig Sinn macht, nach diesen Werten zu fragen, erkläre ich dir.

Ist es dir auch schon einmal passiert, dass du ein Foto gesehen und dich gefragt hast, wie der Fotograf zu diesem Ergebnis gelangt ist? Ich kenne das Gefühl jedenfalls zu genüge. Es tritt bei mir insbesondere dann auf, wenn ich in einem Genre oder im Umgang mit einer bestimmten Aufnahmetechnik über relativ wenig Erfahrung verfüge. Nicht immer, aber zumindest häufig hilft eine Analyse des Bildes bei der groben Annäherung an die Vorgehensweise des Fotografen. Das Kennen der EXIF-Daten einer Aufnahme ist dabei höchstens ein Teil der Lösung.

EXIF-Daten bedeutet übrigens „Exchangeable Image File“ und bezeichnet die gespeicherten Informationen zu einem Foto, die bei der Aufnahme automatisch durch die Kamera in der Bilddatei hinterlegt werden. Wir ignorieren in diesem Beispiel die etwa 100 übrigen Werte, konzentrieren uns auf Belichtungsparameter ISO, Blendenöffnung und Belichtungszeit und nehmen zusätzlich die Brennweite in Augenschein.

Ich habe mich schon immer für das Fotografieren von Lebewesen interessiert. Anfangs habe ich mich, ob meiner Unsicherheit im Umgang mit der Kameratechnik, nicht gleich an den Menschen als Motiv gewagt. Da Unerfahrenheit heute eine Rolle spielt, stammt die Aufnahme aus eben dieser Anfangszeit. Sie entstand im Naturzoo in Rheine. Der Naturzoo ist nicht riesig, aber er besticht dadurch, dass quasi jede Anlage gut einsehbar ist und die Tiere nicht durch Zäune vom Menschen getrennt sind.

Beispielfoto

Junger Dschelada
Junger Dschelada – EXIF-Daten: ISO 800, 260mm (an APS-C, ca. 390mm auf Kleinbild umgerechnet), f/6.3, 1/500s

Betrachten wir die vier Elemente der EXIF-Daten:

ISO

Mit der Brennweite habe ich, zusätzlich zu den Belichtungsparametern, einen vierten Wert hinzugefügt. Das macht es komplizierter. Vereinfachen wir die Angelegenheit, indem wir den ISO-Wert streichen. Denn besagter ISO-Wert ist gänzlich irrelevant für das Bildergebnis, von möglichem Bildrauschen abgesehen. Er reguliert lediglich die Empfindlichkeit des Sensors. Der Wert wird „durchgeschleift“ und dabei so gering wie möglich gehalten. Er ist immer das letzte Glied in der Kette der Belichtungsparameter. Legst du Blendenöffnung und Belichtungszeit fest, ergibt sich die nötige Sensoremfindlichkeit automatisch. Ab einem gewissen Punkt werden Aufnahmen mit „zu hoher“ Empfindlichkeit kontrastärmer, weniger scharf. Die Grenze variiert je nach Kamera, Sensortyp und Sensorgröße. Ich kann dazu keine pauschale Aussage treffen.

Belichtungszeit

Die Belichtungszeit ist üblicherweise für das Gewährleisten einer scharfen Aufnahme entscheidend. Es gibt Ausnahmefälle, in denen sie Kreativwerkzeug ist, beispielsweise bei der Langzeitbelichtung oder bei Mitziehern. Aber wir bleiben, um es nicht unnötig zu verkomplizieren, beim vorliegenden Beispiel. Aus Analog-Zeiten gibt es die Faustformel für die Freihandgrenze. Diese beschreibt die längstmögliche Belichtungszeit, mit der einem Fotograf noch verwackelungsfreie Aufnahmen aus der Hand möglich sind. Richtwert ist der Kehrwert der Brennweite, im vorliegenden Fall also 1/260s. Die tatsächliche Belichtungszeit liegt bei 1/500s. Aus dieser Information lässt sich maximal mitnehmen, dass der Fotograf eine Belichtungszeit gewählt hat, die das Fotografieren aus der freien Hand ermöglicht hat. Das Motiv ist äußerst statisch. Die Arbeit von einem Dreibein-Stativ aus würde eine längere Verschlusszeit zulassen. Operierst du bei solchen Aufnahmen geduldig vom Stativ aus und verwendest blind die EXIF-Daten meines Bildes, würdest du mit ISO 800 fotografieren, obwohl du bei einer Halbierung der Belichtungszeit mit ISO 400 auskämst. Gerade bei Kameras mit kleinen Sensoren kann ISO 800 schon einen Verlust an Kontrast und Schärfe bedeuten.

Blende

Blendenöffnung f/6.3 ergab sich bei meiner Aufnahme aus dem verwendeten Objektiv. Es war nicht sonderlich lichtstark. Sollte im von dir geplanten Motiv der Hintergrund nicht aus einer Reihe von Bäumen bestehen, kann das Nutzen einer weiter geöffneten Blende durchaus ratsam sein. Denn die Freistellung, das optische Trennen von Motiv und Hintergrund, hängt nicht bloß von deiner Technik, sondern genauso maßgeblich von den örtlichen Gegebenheiten ab. Ich war circa zehn bis fünfzehn Meter von dem kleinen Affen entfernt und die Baumreihe wahrscheinlich noch einmal mindestens genauso weit von meinem Motiv. Hätte fünf Meter hinter dem Baumstamm das Affenhaus gestanden, wäre die Bildwirkung eine ganz andere. Diese Parameter gilt es bei der Aufnahme ebenso zu berücksichtigen wie die Wahl der richtigen technischen Einstellungen an deiner Kamera.

Brennweite

Neben der Blendenöffnung, dem Abstand von dir zum Motiv sowie dem Motiv zum Hintergrund ist die Brennweite ein entscheidender Faktor bei unserem Beispielbild. Durch die Wahl von 260 Millimetern Tele-Brennweite wird die Freistellung enorm unterstützt. Du hast gesehen, ich habe zusätzlich 390 Millimeter angegeben. Zu Analog-Zeiten waren Kleinbildkameras am weitesten verbreitet. Mit Einführung der Digitalkameras schrumpften die Sensorgrößen. Teilweise kann man Objektive an Kameras mit unterschiedlichen Sensorgrößen verwenden. Deshalb, und für die allgemeine Vergleichbarkeit, werden Brennweiten üblicherweise auf das Kleinbildformat umgerechnet. Möchtest du dich dazu näher einlesen, hilft dir der Begriff „Crop-Faktor“ bei der Suche. Ich werde hier nicht näher darauf eingehen. Vielmehr zeige ich dir, wieso die Brennweitenangabe gänzlich irrelevant sein kann.

Beispielfoto – Ohne Crop

Junger Dschelada, unbeschnitten
Junger Dschelada, unbeschnitten

Aktuelle Kameras verfügen teilweise über Sensoren mit 50 Megapixeln und mehr. Die allermeisten Fotos werden heutzutage nur per Internet gezeigt oder maximal im DIN-A4-Format ausgedruckt. Dafür wird eine sehr geringe Auflösung benötigt. Selbst für einen Druck beachtlicher Größe braucht es selten mehr als 8 Megapixel. Ausgehend von einem 50-Megapixel-Sensor ist das gerade einmal rund ein Sechstel der Originalgröße. Egal wie sehr die Datei beschnitten ist, in den EXIF-Daten stehen weiterhin die 260 Millimeter. Keine falsche Angabe, aber für dich als Leser massiv irreführend. Denn du gehst tendenziell davon aus, eine sehr moderat oder gänzlich unbeschnittene Aufnahme zu betrachten. Kennst du dich auf dem Kameramarkt nicht aus, nimmst du gegebenfalls sogar an, die Angabe sei bereits auf Kleinbild umgerechnet, obwohl in den EXIF-Daten eine Kamera mit APS-C-Sensor hinterlegt ist. Oder du hast keinen Zugriff auf eine Datei, sondern vertraust auf die Angabe eines Dritten.

Fazit

Und die Moral von der Geschicht‘? Vertraue den EXIF-Daten nicht. Zumindest nicht ihnen allein. Es ist manchmal durchaus nützlich, sich mittels der EXIF-Daten einen ersten Überblick zu verschaffen. Jede Situation ist einzigartig. Bloßes Kopieren von Kameraeinstellungen wird dir niemals dabei helfen, einen Moment so einzufangen, wie du ihn gesehen hast. Dazu gehört mehr. Grund für die Suche nach den Daten bleibt zumeist die eigene Unsicherheit. Überwinde sie, verstehe z.B. das Belichtungsdreieck, übe dich in Genres oder Aufnahmetechniken, die dich interessieren. Schon bald wirst du nicht derjenige sein, der nach EXIF-Daten sucht, sondern andere werden dich nach deinen EXIF-Daten fragen. Wenn es soweit ist, weißt du, dass deine Fotografie einen Schritt nach vorn gemacht hat.

 , , ,