Insbesondere in kleinen Clubs bedeutet Konzertfotografie nicht immer „Malen mit Licht“, sondern eher „Malen mit Restlicht“. Sie verlangt deiner Technik sehr viel ab. Allerdings auch dir als Fotograf. Nachfolgend findest du Tipps zur Technik und darüber hinaus.

Das Grundproblem

Die größte Schwierigkeit, wenn du bei schlechten Lichtbedingungungen Bewegungen einfangen möchtest, ist, eine ausreichend kurze Belichtungszeit zu wählen, ohne die Qualität zu sehr durch Bildrauschen zu beeinträchtigen. Bildrauschen entsteht durch hohe Sensorempfindlichkeit. Im Umkehrschluss bedeutet dies, du solltest die ISO-Zahl möglichst gering halten. Dass dies nicht immer gelingt, hast du vielleicht schon festgestellt. Wenn nicht, wirst du es noch bei deinem ersten Versuch. Den richtigen Kompromiss zwischen kurzer Belichtungszeit und hohem ISO-Wert zu finden, ist wie ein Ritt auf der Rasierklinge, der Grat ist sehr schmal.


Belichtungsdreieck
Blendenreihe
Wirksame Lichtmenge*11/21/41/81/16

1/32

1/641/1281/2561/512
Blendenöffnungf/1.0f/1.4f/2f/2.8f/4

f/5.6

f/8f/11f/16f/22
Verschlusszeit in Sekunden

1/500

1/2501/1251/601/301/151/81/41/21
Sensorempf. (ISO)

100

200400800160032006400128002560051200
  • …, wenn wir genau einen der Belichtungsparameter ändern und die Übrigen bei ihrem Ursprungswert belassen.

Das Belichtungsdreieck beschreibt das Zusammenspiel von Blende, Belichtungszeit und Sensorempfindlichkeit (ISO), welche die drei Parameter bilden, die die Belichtung eines Fotos maßgeblich beeinflussen. Betrachten wir die obige Tabelle, führt uns dies vor Augen, dass wir bei einem Wechsel der Blendenöffnung von 1.0 auf 5.6 (ISO 100, 1/500 Sekunde bleiben unverändert) nur noch 1/32 oder 3,125 Prozent unseres Umgebungslichtes nutzen. Oben rot markiert. Diesen Verlust der wirksamen Lichtmenge gilt es möglichst auszugleichen, indem wir an einem der anderen Stellräder, entweder der Belichtungszeit oder dem ISO-Wert, drehen. Im Notfall gilt: Hoch mit dem ISO-Wert. Lieber ein verrauschtes als ein unscharfes Foto.

Um den Effekt der wirksamen Lichtmenge zu verdeutlichen, hier ein Bild abseits der Konzertfotografie, das der eben beschriebenen Verschiebung von fünf Blendenstufen entspricht. Erkennst du den Helikopter auf dem zweiten Bild noch? Mit diesem 1/32 der Lichtmenge arbeitet deine Kamera im Zweifelsfall. Absoluter Grenzbereich, unter anderem für deinen Autofokus, der über Kontrastkanten sein Ziel findet. Je weniger Licht, desto weniger Kontrast, desto weniger zielsicher dein Autofokus.

Helikopter 1
Helikopter 1 – Lichtmenge: 1/1
Helikopter 2
Helikopter 2 – Lichtmenge: 1/32
Zugang
Immer schön eine E-Mail nach der anderen...
Immer schön eine E-Mail nach der anderen…

Im Gegensatz zu anderen Motiven, wie beispielsweise Architektur, sind Konzerte nicht immer verfügbar. Du kannst dich nicht passend auf dem Gehweg positionieren und dir das bestmögliche Licht aussuchen. Das Licht hast du nicht in der Hand und es gibt Zugangsbeschränkungen. Die Mitnahme von Kameras mit Wechselobjektiven ist in der Regel für den regulären Zuschauer nicht gestattet. Somit bist du gezwungen andere Wege zu finden und dich mit dieser Thematik im Vorhinein auseinanderzusetzen.

Eine pauschale Antwort, wie du hineingelangst, kann ich dir nicht bieten, nur Anhaltspunkte. Im Endeffekt ist das Erarbeiten des Zugangs zu Events Fleißarbeit. Es hilft, bei kostenlosen Veranstaltungen wie Stadtfesten im öffentlichen Raum zu starten. Dort kannst du dich üblicherweise mit deiner Kamera relativ frei bewegen und zu Aufnahmen gelangen, mittels derer du dir ein Portfolio, also eine Auswahl deiner Top-Bilder zusammenstellen kannst. Je stärker du selektierst, desto besser wirken die Einzelaufnahmen. Es müssen keine 100 Aufnahmen sein, von denen 80 mittelprächtig sind, beschränke dich besser auf deine 20 stärksten Fotos.

Der nächste Schritt wäre, mit diesem Portfolio auf Personen zuzugehen, die dir Zugang gewähren können. Typische Personengruppen sind Künstler, Veranstalter und Label. Du kannst es sofort bei einem Major Label probieren und hoffen, dass du im ersten Versuch direkt Iron Maiden fotografierst. In der Realität klappt das sehr, sehr selten. Üblicherweise fängst du bei unbekannten Künstlern, lokalen Veranstaltern oder Indie Labels an und arbeitest dich von dort aus hoch. Möglicherweise klingt das für dich zunächst nicht sonderlich attraktiv, aber es hat zwei Vorteile: Erstens können unbekannte Künstler schnell groß werden und du hast dann vielleicht als einer der wenigen Fotografen weltweit ihre Anfänge dokumentiert sowie die Möglichkeit, mit ihnen zu wachsen. Zweitens führen diese Kontakte dich in der Regel in kleine Locations, in denen du dein Handwerk lernst. Mehr dazu im weiteren Verlauf dieses Artikels.

Recherche

Es wird dich einige Zeit kosten, Ansprechpartner zu finden. Ohne Ansprechpartner kein Vorsprechen, ohne Vorsprechen keine Zusage, ohne Zusage keine Fotos. Die Kröte, dass du nicht 100 Prozent deiner Zeit mit dem Fotografieren von Konzerten verbringen, sondern einen nicht unerheblichen Anteil in den Ausbau deines Netzwerkes investieren solltest, musst du schlucken. Alle professionellen Konzertfotografen, mit denen ich gesprochen habe, bestätigten mir, das wird sich nie ändern. Und auch sie bekommen bis heute weit mehr Absagen auf ihre Anfragen als positive Rückmeldungen. Das ist normal. Davon solltest du dich nicht abschrecken lassen.


Fitches – Save Us (Die Live-Szenen lassen die starke Gestik von Sänger Dennis Steinhoff erahnen)

Hast du dir den Zugang zu einer Veranstaltung erarbeitet, endet deine Recherche damit noch nicht. Du solltest dich möglichst gut über den oder die auftretenden Künstler informieren. Nur so gelangst du zu den bestmöglichn Ergebnissen. Kenne die Musik und damit die entscheidenden Momente in den Songs, bei denen beispielsweise die Zuschauer besonders mitgehen. Schaue dir Fotos von anderen Fotografen an um mehr als die typischen Posen, die einige Musiker anbieten, einzufangen. Analysiere Videomaterial dahingehend, welche Moves welcher Musiker bei welcher Stelle eines Songs macht. So hast du deine Einstellungen richtig gesetzt und dich gut positioniert um den Sprung des Sängers vom Bühnenbild zurück auf die Bühne einzufangen. Beobachte die Lichtführung. In der Regel ist diese im Rahmen einer Tour von Konzert zu Konzert ähnlich aufgebaut. Hast du zusätzlich die Setlist, hilft dir das sowohl bei der Perspektivwahl als auch dem Finden von speziellen Momenten.

Clubkonzert vs. Stadion-Show
Fitches, Sweepland Getaway - Solche Momente erlebst du nicht auf den großen Bühnen
Fitches, Sweepland Getaway – Solche Momente erlebst du nicht auf den großen Bühnen

Ausgeklügelte Lichtsetzung findet sich selbstverständlich häufiger bei aufwändigen Produktionen. Kleine Jugendclubs oder Bars mit Live-Musik sind ein ganz anderes paar Schuhe. Hast du Pech, erwarten dich dort zwei kleine, bunte Neonröhren, die die einzige Lichtquelle für die gesamte Bühne darstellen. Das Licht ist in den kleinen Locations eine Herausforderung. Je größer die Produktion, desto weniger ist das ein Problem. Es kann passieren, dass du große Shows durchgehend mit ISO 200 fotografierst, weil sie perfekt ausgeleuchtet sind. Hast du die kleinen Bühnen gemeistert, sind die großen, zumindest technisch, kein Problem für dich.

Vom Lernaspekt abgesehen, haben die Clubs viele Vorteile. Du bist näher am Geschehen, es gibt wenige oder gar keine Zugangsbeschränkungen. Bist du früh genug da, kannst du gegebenenfalls den Soundcheck mitnehmen, mit dem Lichttechniker das Setup für die Band und somit auch dich verbessern. Du kommst mit der Band direkt in Kontakt und findest dich auf einmal mitten im Geschehen, vielleicht sogar „backstage“ beim Essen mit Band und Crew wieder. Bei großen Stadion-Shows wird das tendenziell nicht passieren. Dort nimmt dich eher Staff an einem gesonderten Eingang in Empfang und führt dich zu deinem Platz, von dem aus du nur sehr eingeschränkte Bewegungsfreiheit hast.

Rechtliches (AGB / Fotopass / Verträge)
Fotopass, Juicy Beats
Fotopass, Juicy Beats

Konzerte sind in den allermeisten Fällen private Veranstaltungen. Somit gibt es einige Fallstricke. Es gilt das Hausrecht. Befolge die Anweisungen der Crew. Diskutiere nicht. Setze dich vorab mit den AGB und deinem Fotopass auseinander. Letztgenannter kann bedeuten, dass deine Fotos nur vom jeweiligen Media Outlet, für das du fotografierst, und im Rahmen der Berichterstattung zu dieser einen Veranstaltung verwendet werden dürfen. Somit wäre eine Veröffentlichung in deinem eigenen Portfolio ausgeschlossen. Möglicherweise legt dir der Veranstalter sogar einen Vertrag vor. Im internationalen Kontext werden diese Verträge immer öfter zur Pflicht. Das ist manchmal nachteilig für den Fotografen, insbesondere dann, wenn ein sogenannter „Total Buyout“ vorgesehen ist. Du erklärst dich im Wesentlichen damit einverstanden, dass du deine Fotos nicht verwenden darfst, während Band und Co. sie unentgeltlich sogar für Marketing-Zwecke einsetzen können. Damit entfallen sämtliche Verdienstmöglichkeiten über Zweit- und Drittverwertungen. Das gilt nicht nur für dich, sondern künftig auch für andere Fotografen, wenn das zur Regel wird. Entscheide selbst, wo du deine Grenze ziehst. Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, solltest du dich im Vorhinein mit dem Thema Verwertungsrechte / Lizensierung beschäftigt haben.

Führe Fotopass und/oder Vertrag stets ausgedruckt mit. Du hast die Zusage erhalten. Wunderbar. Das ist allerdings nicht gleichbedeutend damit, dass man dich am Tag der Veranstaltung buchstäblich auf dem Zettel hat. Sowohl bei kleinen als auch bei großen Veranstaltungen ändern sich Gästelisten und dergleichen gerne kurzfristig. Jede Änderung birgt die Gefahr, Fehler einzuschleusen. Namen werden vergessen, manchmal existieren an drei Eingängen genauso viele Versionen derselben Gästeliste. Deine Druckversion hilft dem Staff bei seiner Arbeit. Ebenso der Name deines Ansprechpartners und dessen Telefonnummer, wenn gar nichts mehr geht.

Verhalten
Graben
Tagsüber beim Festival, ausnahmsweise Platz genug um im Graben Autogramme zu schreiben
Tagsüber beim Festival, ausnahmsweise Platz genug um im Graben Autogramme zu schreiben

Im „Graben“, dem Raum zwischen Bühne und Publikum, gibt es eine Netiquette, die du unbedingt einhalten solltest. Bleibe unauffälig und störe Zuschauer, Security, die weitere Crew sowie deine Foto-Kollegen nicht bei der Arbeit. Verwende, wenn möglich, einen Batteriegriff um das Hochreißen des Arms bei Hochformataufnahmen zu verhindern. Es ist eng, er könnte dem Nebenmann im Bild sein oder dein Ellenbogen ihn am Kopf treffen und verletzen. Wechsle deine Position stets geduckt und damit wiederum möglichst so, dass du niemandem im Bild herumturnst. Nimm keinen Rucksack mit in den Graben, verwende Objektivköcher am Gürtel oder gleich zwei Kameras. Lasse den Blick generell immer wieder um 360 Grad schweifen. So erwischst du bestenfalls schöne Impressionen des Publikums und siehst die Füße des nächsten Crowdsurfers schon kommen, bevor sie dich am Kopf treffen oder dir die Kamera aus der Hand treten.

Bühne
Christofer mit F, DortBunt
Christofer mit F, DortBunt

Hast du Zugang zur Bühne, verhalte dich auch dort unauffällig. Immer wieder sehe ich Videos, auf denen ein Fotograf auf der Bühne herumläuft und sich direkt neben einem der Bandmitglieder positioniert. Vermeide solche Aktionen. Die Band ist der Star, nicht du. Halte dich im Hintergrund, nutze statische Instrumente, wie Keyboard oder Drums, als Deckung und Vordergrund deiner Bilder. Lassen Technik oder Bühnenbild es zu, platziere dich geschickt dahinter. Sei stets vorsichtig, die Bühne ist gesäumt von Stolperfallen. Du möchtest nicht derjenige sein, der dem Gitarristen den Ton kappt. Es gibt nur exakt einen Fall, bei dem du kurz sichtbar sein darfst, dem Abschlussbild der Band vor dem Publikum. Das gelingt am besten vom Drumkit aus, da dies häufig erhöht und zentral am hinteren Ende der Bühne steht.

Three Songs, no flash
No Flash!
No Flash!

Bei kleinen Clubkonzerten kannst du vielfach über die gesamte Show hinweg fotografieren. Größere Produktionen beschränken den Zugang für die Mehrzahl der Fotografen auf die ersten drei Titel.

Hast du gut recherchiert, geistert dir der Ablauf der Show durch den Kopf. Du beobachtest das Licht um deinen Protagonisten bestmöglich einzufangen. Der Lichttechniker macht es dir eventuell extra schwer, weil er sich das beste Licht für den Tourfotografen und den weiteren Verlauf des Konzerts aufhebt. Parallel achtest du auf deine Kollegen im Graben, hast immer ein Auge nach hinten. Bist du als Auftragnehmer vor Ort, zwingt dich das, gute Ergebnisse zu liefern. Stress pur. Drei Songs sind schnell vorbei, deine Zeitspanne liegt bei etwa acht bis elf Minuten.

Wer unerprobt mit neuer Technik ins Rennen geht, hat schon verloren. Du solltest in der Lage sein, jeden Knopf an deiner Kamera blind zu finden und im Dunkeln Objektive zu wechseln. Übe das vorab! Gewöhne dir am besten wiederkehrende Handgriffe an, so dass du beispielsweise die Kamera mit dem Weitwinkel-Objektiv immer auf der linken Seite mitführst und das Tele-Pendant auf der rechten. Es kann hilfreich sein, die automatische Bildvorschau, die nach dem Schießen eines Fotos auf dem Display der Kamera erscheint, zu deaktivieren. Bei spiegellosen Systemen blockiert sie den Sucher, bei klassischen Spiegelreflexsystemen leuchtet das Display so hell, dass du im dunklen Sucherbild nichts erkennst. Das kostet dich gegebenfalls wertvolle Millisekunden, die über das Erwischen eines Top-Momentes, wie hochgerissenen Armen des Sängers direkt vor dir, entscheiden können.

Bei Konzerten sieht man immer wieder Fotografen, die blitzen. Etliche Zuschauer trauen der kleinen Funzel in ihrem Smartphone zu, über 50 Meter hinweg wirksam zu sein. Aber auch im Graben kommt es ab und an vor, dass jemand blitzt. Ob per Smartphone oder Systemkamera mit Aufsteckblitz, gehöre bitte nicht zu der Fraktion, die durch Blitzen die Performance stört. Bei kleinen Konzerten zerstörst du damit schnell die vorherrschende Lichtstimmung, bei größeren Veranstaltungen wirst du direkt nach dem ersten Mal von der Security nach draußen begleitet.

Ausrüstung
Gehörschutz
Safety first.
Safety first.

Neben dem Erhalten von Zugang sind die Kameratechnik und das Finden optimaler Einstellungen für viele Leser sicherlich das spannendste Kapitel dieses Artikels. Ich muss allerdings vorher noch ein Plädoyer für deine Gesundheit halten und auf das wichtigste, vielleicht kleinste Stück deiner Ausrüstung eingehen, das du immer dabei haben musst. Du darfst niemals auch nur im Ansatz erwägen, ohne Gehörschutz ein Konzert zu fotografieren. Als Fotograf bist du kein Besucher, der sich die Distanz zu den Boxen aussuchen kann. Teilweise stehst du direkt vor riesigen Subwoofern, die massiven Schaden an deinem Gehör anrichten können. Deshalb empfehle ich vehement, in vernünftigen Ohrenschutz zu investieren. Es bringt nichts, Foto-Equipment im Wert von 10.000 Euro dabei zu haben und bei der eigenen Gesundheit auf 1-Euro-Wegwerf-Ohrenschutz zu setzen, der dir nicht richtig passt.

Kleidung

Ein weiterer Teil deiner Ausrüstung ist deine Kleidung. Beim Verhalten im Graben und auf der Bühne habe ich dir vermittelt, wie wichtig Unauffälligkeit ist. Selbst, wenn du ansonsten eher der Typ Paradiesvogel bist, ist bunte Kleidung als Konzertfotograf unangebracht. Du agierst in dunkler Umgebung. Am wenigsten fällst du darin auf, wenn du selbst dunkel, im besten Fall schwarz gekleidet bist. Aus diesem Grund trägt auch das Staff bei Events und Fernsehproduktionen üblicherweise schwarz.

Kamera
Kameragehäuse mit Handschlaufe
Kameragehäuse mit Handschlaufe und Batteriegriff

Das Grundproblem der Konzertfotografie ist und bleibt der Mangel an Licht. Im Wesentlichen gilt: Je größer der Sensor einer Kamera flächenmäßig ist, desto besser performt er in diesem technischen Grenzbereich. Das größte gängige Format ist aktuell das Mittelformat, danach folgen unter anderem Kleinbild, APS-C, MFT und Bridge. Mittelformatkameras sind dafür ausgelegt, bestmögliche Bildqualität zu liefern. Jedoch haben sie gegenüber den anderen Formaten Nachteile bei der Geschwindigkeit des Autofokus-Systems. Der beste Kompromiss für Konzertfotografie ist somit das Kleinbild-Format. Auch die anderen Formate können sich wunderbar eignen um Impressionen einzufangen. Lediglich die Grenzbereiche sind etwas verschoben. Das spielt bei großen Stadion-Shows keine Rolle, kann aber dazu führen, dass du beim Fotografieren eines Clubkonzertes mit einer Bridge nicht glücklich wirst, wenn nur die besagten zwei Neonröhren oder dergleichen als Beleuchtung dienen.

Objektive
Lichtstarkes Standard-Zoom für APS-C
Lichtstarkes Standard-Zoom für APS-C

Das Nadelöhr zwischen Performance auf der Bühne und deinem Sensor sind deine Objektive. Je lichtstärker sie sind, desto niedriger kannst du die ISO-Empfindlichkeit des Kamerasensors halten und damit rauschfreiere Bilder erzeugen. Eine durchgehende Blendenöffnung von f/2.8 ist empfehlenswert, teilweise sogar noch lichstärkere Optiken von f/1.8 oder f/1.4. Die letztgenannten Werte decken zumeist nur sogenannte Festbrennweiten (FBW) ab. Im Gegensatz zu Zoom-Objektiven (Zooms) verfügen diese nur über eine feste Brennweite, beispielsweise 50 Millimeter. Eine belastbare Empfehlung, ob du besser mit Zooms oder FBW arbeiten solltest, kann ich dir nicht geben. Es ist wie so oft: Es kommt darauf an. Brauchst du in einer Location die Lichtstärke um überhaupt halbwegs brauchbare Ergebnisse erzielen zu können, geht kein Weg an FBW vorbei. Bei großen Shows, wo deine Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist, können Zooms dir dabei helfen, den Bildausschnitt zu variieren.

Abgesehen von der Lichtmenge, die diese Objektive auf den Sensor lassen, haben sie einen weiteren Vorteil: Auch die Autofokus-Sensoren bekommen mehr Licht ab und können präziser arbeiten. Tendenziell fokussiert deine Kamera mit lichtstarken Optiken bei schwierigen Lichtsituationen besser.

Brennweiten
leichtes, lichstarkes Tele-Zoom
leichtes, lichstarkes Tele-Zoom

Prinzipiell kann bei der Konzertfotografie vom Fish-Eye bis um massiven 600-Millimeter-Teleobjektiv alles zum Einsatz kommen. Du solltest dich vorab eingehend informieren, wie deine Bewegungsfreiheit vor Ort ist. Kommst du bis direkt vor die Bühne, kannst du mit einem Weitwinkel-Objektiv gute Ergebnisse erzielen und das 600-Millimeter-Teleobjektiv getrost zuhause lassen. Fotografierst du eine Stadion-Show vom Graben aus, muss dieser nicht zwangsweise direkt vor der Bühne sein. Womöglich wird den Fotografen ein Platz bei der Technik zugewiesen, 20 Meter vor der Bühne. Im Fachjargon: Front of House. In dem Fall würdest du dein 600-Millimeter-Teleobjektiv schmerzlich vermissen.

Stabilisator
Endgegner, Jazz vs. Gaming - 1/20 Sekunde bei 50mm Brennweite, hier half IBIS
Endgegner, Jazz vs. Gaming – 1/20 Sekunde bei 50mm Brennweite, hier half IBIS

Immer mehr Kameras kommen mit eingebautem Bildstabilisator (In-Body-Image-Stabilization, kurz IBIS) daher. Dies ist in erster Linie dem Trend geschuldet, dass dem Erstellen von Videos eine immer größere Bedeutung beigemessen wird. Früher brauchte man große, teure und schwere Technik um das Videobild zu stabilisieren, heute geht das mittels internem Stabilisator. Zumindest bis zu einer gewissen Grenze. Davon profitieren wir durchaus beim Fotografieren, da verwackelungsfreie Bilder mit längeren Verschlusszeiten möglich werden. Aber genau das ist die Krux. Bei der Konzertfotografie haben wir es tendenziell nicht mit statischen, sondern mit dynamischen Motiven zu tun, die eine kurze Verschlusszeit erfordern. IBIS schadet zwar nicht, hilft aber nur in den allerseltensten Fällen. Das gilt gleichermaßen für stabilisierte Objektive sowie die Kombination aus beidem, die einige Hersteller anbieten.

Sonstiges
Lenspen, Blasebalg, UV-Filter, Putztuch
Lenspen, Blasebalg, UV-Filter, Putztuch

Teilweise gibt es überhaupt keinen Graben und deine einzige Option, mit Fotos nach Hause zu gehen, ist die, dich unter die Zuschauer zu mischen. Dabei kann es Schläge aufs Objektiv geben, weswegen ich grundsätzlich eine Streulichtblende sowie einen UV-Filter nutze. Besuchst du Konzerte der härteren Gangart, steigt zudem die Gefahr einer Bierdusche für dein Equipment. Beruhigend ist es, Technik dabei zu haben, die wetterresistent ist. Als Notlösung kann auch eine Do-It-Yourself-Lösung aus Kunststofffolie dienen. Notlösung deshalb, weil das Zurechtrücken der Folie ein weiterer Punkt ist, der deiner Aufmerksamkeit bedarf und dich von deinem eigentlichen Vorhaben ablenkt. In jedem Fall solltest du ein Putztuch parat haben. Das sollte so gut verstaut sein, dass es von einer Bierdusche nicht nass wird. Gleichzeitig sollte es aber keine drei Minuten dauern es auszupacken, damit dein Equipment schnell wieder einsatzbereit ist.

Kameraeinstellungen
Modus
Ein möglicher Modus für Konzerte
Ein möglicher Modus für Konzerte

Die Lichtverhältnisse wechseln bei einem Konzert zum Teil sehr schnell. Bei großen Stadion-Shows kannst du eher auf die Automatiken vertrauen und beispielsweise mit Zeitvorwahl (T/TV) fotografieren. So kannst du die flexibel bei ruhigen Momenten die Belichtungszeit verlängern, so dass die Sensorempfindlichkeit verringert wird und weniger verrauschte Fotos herauskommen. Werden die Aktionen auf der Bühne dynamischer, reicht es aus, über ein Einstellungsrad Veränderungen vorzunehmen. Den ISO-Wert regelt die Kamera. Theoretisch auch die Blende.

Ansonsten führt am ehesten der manuelle Modus (M), wahlweise in Kombination mit ISO-Automatik (bei einigen Herstellern als Extra-Modus namens TAV gekennzeichnet), zu guten Ergebnissen. Viele Kameras geben dir inzwischen die Option, eine Mindestverschlusszeit von zum Beispiel 1/250 Sekunde festzulegen, so dass Verwackelungen durch Bewegungsunschärfe minimiert werden. Je nach Bewegungsdrang der Band, musst du hier gegebenenfalls im Verlauf des Konzerts noch einmal nachsteuern. Bestenfalls hast du die Einstellung durch gute Recherche in etwa passend gewählt. Hat man die Belichtung seiner Kamera im Griff, gelingen so durchaus Bilder, die noch näher an dem Ergebnis sind, das du dir vorab ausgemalt hattest. Allerdings bedarf das Weglassen von Automatiken wiederum deiner erhöhten Aufmerksamkeit, was dich von Motiv und dem Drumherum ablenken könnte.

Die Blendenvorwahl ist der ungünstigste Modus für die Konzertfotografie. Aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse wird die Blende zu 98 Prozent komplett geöffnet sein. Da in diesem Modus die übrigen Parameter von der Kamera bestimmt werden, käme das dem Automatik-Modus gleich. In dem Fall legst du das Gelingen deiner Fotos vollends in die Hände deiner Technik.

RAW vs. JPG

Rund zehn Minuten sind nicht viel Zeit zum Fotografieren. Viele Eindrücke prasseln währenddessen auf dich ein. Selbst, wenn du dein Equipment kennst, können Fehler passieren und die Belichtung daneben gehen. Es lohnt sich, mehr Bearbeitungsreserven in Form der RAW-Dateien in der Hinterhand zu haben.

Weißabgleich
Ich nutze meist den autom. Abgleich als Basis
Ich nutze meist den autom. Abgleich als Basis

Aufgrund der begrenzen Zeit vor Ort kannst du vermutlich nur vorab einmalig eine Einstellung wählen. Die Farben der Bühnenbeleuchtung variieren. Entsprechend will die Kamera ständig den Weißabgleich ändern. Entweder lebst du damit und vertraust der Automatik um die bestmögliche Basis für die spätere Nachbearbeitung zu erhalten oder du verwendest den manuellen Weißabgleich. Davon unabhängig, für welche Variante du dich entscheidest, die eindrucksvollsten Ergebnisse erhältst du nur mittels anschließender Bearbeitung. Bei JPG-Dateien kannst du nur begrenzt nachsteuern, bei RAW-Dateien hast du im Nachhinein die volle Kontrolle über den Weißabgleich und die Farbwiedergabe.

Belichtungsmessung

Jeder Messmodus liefert dir ein „korrekt“ belichtetes Ergebnis. Für deine Kameras ist das gleichbedeutend mit einem grauen Bild, das gleichermaßen viele helle und dunkle Bildanteile beinhaltet. Technisch mag das die Ideallösung sein, aber womöglich nicht die visuell ansprechendste Version.

Um einen einigermaßen sinnvollen Vergleich anstellen zu können, nehmen wir an, dass wir einen Gitarristen einfangen wollen. Auf den Gitarristen fällt zwar Licht, es ist aber kein heller Spot auf ihn gerichtet. Von schräg oben, hinter dem Musiker leuchten Scheinwerfer in unsere Richtung. Bei der angedachten Komposition würde deren Licht am oberen Bildrand landen. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.

DJ Rich Boogie, DortBunt
DJ Rich Boogie, DortBunt

Die „Matrixmessung“, die die Helligkeitsanteile im gesamten Bild berücksichtigt, wird tendenziell Lichter weniger ausbrennen, dafür aber vielleicht den Gitarristen recht dunkel werden lassen.

Die „mittenbetonte Integralmessung“ ignoriert Teile des Bildrandes und wird tendenziell heller als die Matrixmessung belichten. Der Musiker sticht besser heraus, dafür könnte der obere das Licht der Scheinwerfer im oberen Rand ausbrennen. Neigst du regelmäßig dazu, deine Motive nah am Bildrand zu platzieren, gibt es für dich eventuell bessere Optionen.

„Spotmessung“ macht generell nur Sinn, wenn diese an den Autofokuspunkt gekoppelt ist. Dein anvisiertes Subjekt wird korrekt belichtet, das Drumherum brennt dafür tendenziell noch einmal stärker aus. Es kann dem Motiv einen gewissen Charme verleihen oder es komplett zerstören. Korrektes Fokussieren an die richtige Stelle ist unbedingt notwendig um den gewünschten Effekt zu erzielen. Ich selbst arbeite überwiegend mit der Spotmessung.

Inzwischen verfügen einige Kameras über eine vierte Variante namens „Lichter schützen“. Damit wird komplett verhindert, dass Lichter ausbrennen. In unserem vorliegenden Beispiel würde das tendenziell zu einer noch dunkleren Aufnahme als bei der Matrixmessung führen. Grundsätzlich ist dieser Modus gut geeignet, da in den Tiefen, den dunklen Bildbereichen heutiger Digitalkameras mehr Reservern für die Nachbearbeitung stecken als in den Lichtern, den besonders hellen Bildbereichen. Sind die Lichter „ausgebrannt“, sind sie oftmals so hell, dass sich in einzelnen Sektoren keine Farbinformationen mehr befinden und diese sich in der Nachbearbeitung nicht mehr retten lassen.

Belichtungszeiten
Marian Heuser - 1/100 Sekunde. Unscharf. Aus Fehlern lernt man.
Marian Heuser – 1/100 Sekunde. Unscharf. Aus Fehlern lernt man.

An diesem sprichtwörtlichen Rad wirst du ständig drehen. Beim Belichtungsdreieck fällt der Parameter Blende vollkommen heraus, weil sie immer vollständig geöffnet sein wird. Steuern kannst du demnach über Belichtungszeit und Sensorempfindlichkeit. Je geringer der ISO-Wert, desto besser die Bildqualität. Demnach möchtest du die Belichtungszeit zumindest so lang halten, dass der ISO-Wert nicht über das Maximum hinausschießt, was der Sensor deiner Kamera verträgt. Gehst du darüber hinaus, nehmen Kontrast und Schärfe ab, das Foto wird matschig. Ein verrauschtes Bild ist allerdings stets besser als gar kein Bild, im Zweifelsfall nimm also die hohen ISO-Werte zugunsten eines scharfen Fotos in Kauf.

Es gibt diverse Hilfen bei der Wahl der Belichtungszeit. Zentral ist sicherlich die Freihandgrenze, die im Wesentlichen besagt, dass die Belichtungszeit mindestens den Kehrwert der Brennweite betragen sollte. Fotografierst du mit 200 Millimetern, wäre dies also 1/200 Sekunde. Die neuesten Sensorgenerationen sind allerdings mit 36 und mehr Megapixeln derart hochauflösend, dass inzwischen zu einer Verdoppelung dieser Daumenregel geraten wird, demnach 1/400 Sekunde bei 200 Millimeter Brennweite. Des Weiteren solltest du eine gewisse Belichtungszeit nicht überschreiten. Für Portraits sagt man, 1/125 Sekunde gleicht in etwa die sachten Bewegungen von Fotograf und Gegenüber aus. Gemäß Übersetzung in die Moderne, heißt das, 1/250 Sekunde kann ein guter Startwert sein. Fallstrick: Springt vor dir eine Punkrock-Band herum und du fotografierst mit 25 Millimetern, reicht 1/50 Sekunde natürlich nicht aus um dein Motiv scharf abzubilden. Im Gegenzug kannst du bei einem Konzertpianisten mit dieser Belichtungszeit durchaus zu ansprechenden Ergebnissen gelangen.

Autofokus
Ich wähle zumeist Teilbereiche aus
Ich wähle zumeist Teilbereiche aus

Heutige Kameras verfügen über verschiedene Einstellungen bei der Fokussierung. Angefangen beim Einzelfokus über unterschiedlichste Methoden von kontinuierlichem Autofokus. Hier kann ich dir nur raten auszuprobieren, was am besten funktioniert. Bei sich schnell bewegenden Motiven ist der kontinuierliche Fokus in der Regel eine gute Wahl. Dabei lassen sich vielfach noch die Autofokusfelder festlegen, die dabei aktiv sein sollen. Willst du dein Motiv in der oberen rechten Hälfte des Bildes haben, kannst du nur die dortigen Felder aktivieren.

Der Blick ins Handbuch deiner Kamera kann helfen. Dort sind die Sensortypen des Autofokussystems deiner Kamera vermerkt. Nicht alle Vierecke, Kreuze oder wie auch immer die Autofokusfelder in deinem Sucher oder Display angezeigt werden, sind Kreuzsensoren. Speziell ältere Kameramodelle verfügen über vergleichsweise wenige Kreuzsensoren. Diese sind, im Gegensatz zu ihrem Pendant, den Liniensensoren, jedoch besonders präzise und treffsicher in Umgebungen mit wenig Licht. Kreuzsensoren finden sich, zumindest bei klassischen Spiegelreflexkameras, eher in Richtung der Bildmitte, während einige der äußeren Autofokusfelder tendenziell mit Liniensensoren bestückt sind.

Manche Kameras verfügen über die Option, das Fokussieren vom Auslöser weg auf eine Daumentaste zu legen. Wenn du eine Bühnenperformance fotografierst, musst du manchmal gar nicht neu fokussieren, insofern sich die Distanz von dir zu deinem Motiv nicht verändert hat. Indem du den Fokus auf dem Auslöser belässt, fokussiert deine Kamera jedoch zwangszweise jedes Mal neu. Das dauert in dunklen Umgebungen besonders lange und führt oftmals dazu, den entscheidenden Moment zu verpassen. Probiere aus, ob das Fokussieren auf einer Daumentaste eine Option für dich ist. Ich selbst arbeite seit Jahren ausschließlich auf diese Weise und möchte sie nicht mehr missen.

Künstliche Intelligenz sorgt für immer bessere Gesichts- und Augenerkennung. Da die Entwicklung rasant ist, möchte ich dir weder dazu raten, diese Automatisierung zu verwenden, noch davon abraten. Probiere aus und urteile selbst, wie gut deine Kamera in diesem Bereich ist. Speziell bei den schwierigen Lichtbedingungen der Konzertfotografie.

Einzelbild vs. Serienaufnahme
Langsame Serienbildaufnahme
Mir reicht die langsame Serienaufnahme als Grundeinstellung

Konzertfotos leben von ihrer Lebendigkeit, ihrer Dynamik. Beim Konzertpianisten eventuell etwas weniger als bei einer Heavy Metal-Band. Grundsätzlich möchtest du die Momente einfangen, bei denen eine Aktion an ihrem Maximum ist, beispielsweise eine in die Luft gestreckte Faust. Ganz ähnlich, wie das bei Tänzern der Fall ist, wo man nicht nur das gestreckte Bein, sondern auch den gestreckten Fuß erwischen möchte. Manch einer hat ein beeindruckendes Timing und braucht dafür nur ein oder zwei Aufnahmen, andere benötigen eine Serie. Die heutige Technik bietet beide Möglichkeiten. Während du bei Einzelaufnahmen eher Gefahr läufst, einen Moment zu verpassen, hast du bei Nutzung der Serienfunktion mehr Arbeit beim Aussortieren im Nachhinein.

Bildgestaltung und Motive
Aura Dione, DortBunt
Aura Dione, DortBunt

Du bist im Graben, um dich herum Kollegen. Deine Blende ist geöffnet. Damit fallen Schärfentiefe sowie ein für jedes Bild wechselnder Standort als Gestaltungsmittel flach. Umso wichtiger sind die Aktionen der Bandmitglieder sowie das Licht, das sie umgibt und deine Wahl des Bildausschnitts in Form deiner gewählten Brennweite.

Hast du mehr Bewegungsfreiheit, nimm möglichst oft solche Perspektiven ein, die für die Zuschauer außergewöhnlich sind. Dazu gehören Backstage-Aufnahmen, Bilder vom Publikum sowie Fotos von der Bühne ins Publikum hinein. Einige Tour-Fotografen arbeiten mit ungewöhnlicheren Methoden. Das können Kameras sein, die per Funkauslöser bedient werden und an Orten angebracht sind, die kein Mensch erreicht, beispielsweise am Catwalk über der Bühne oder direkt am Drumkit. Wer eine ganze Tour begleitet, kann es sich leisten, nicht immer Aufnahmen aus dem Graben heraus anzufertigen. Daher habe ich Geschichten von Fotografen gehört, die ein ganzes Konzert lang unter dem Drumkit lagen oder an einem Kran baumelten. Aber das ist für Fortgeschrittene.

Es gibt für Konzerte keine einheitliche Shot List, die du abarbeiten musst. Biete Ungewöhnliches, fange die Stimmung des Ortes und des Momentes ein. Gab es eine große Pyro-Show und keines deiner Fotos zeigt sie, hättest du einen besseren Job machen können.

Einige sehen das Herauslösen einzelner Musiker aus der Szene als Königsdisziplin. Dabei gilt es ein paar Dinge in puncto Positionierung zu beachten. Unter anderem sind Bassisten und Gitarristen zumeist Rechtshänder, so dass du dich links von ihnen halten solltest um die Front ihrer Instrumente im Bild zu haben. Bei Sängern gibt es ebenfalls eine Schokoladenseite, die davon abhängig sein kann, ob sie Rechts- oder Linkshänder sind. Dabei spielt die Art, wie sie das Mikrofon halten, allerdings auch eine Rolle. Deine Recherche wird dir dabei helfen, die Seite zu wählen, bei der das Gesicht nicht oder zumindest seltener von Hand oder Mikrofon verdeckt ist. Drummer mögen besonders solche Momente, wo man beide Sticks in Bewegung sieht.

Sollte es einen Backdrop geben, achte darauf, wenigstens ein, zwei Fotos anzufertigen, auf denen der Bandname vollständig zu sehen ist.

Foto-Auswahl
Lindy Hoppers, We Trust Festival
Lindy Hoppers, We Trust Festival – Eine Übersicht kann bei der Auswahl helfen

Du hast die Serienbildfunktion exzessiv verwendet und es laden 2.500 Bilder von der Speicherkarte auf deinen Computer? Damit hast du zumindest Auswahl. Es gilt allerdings dasselbe wie beim Portofolio, weniger ist mehr. Auftraggeber wollen selten mehr als 20 bis 30 Bilder von einer einzelnen Veranstaltung. Am Ende schafft es also nur etwa ein Prozent deiner Aufnahmen in die finale Auswahl. Konzentriere dich auf deine Top-Bilder. Auf die Peak-Action-Momente. Auf die Aufnahmen, die die Stimmung am besten transportieren.

Du solltest darauf achten, dass deine Fotos niemanden diskreditieren. Ein verrutschtes Kleidungsstück darfst du zwar dokumentieren und auch veröffentlichen, aber wir sind alle Menschen und haben Gefühle. Der Künstler wird es dir danken, wenn du solche Fotos nicht veröffentlichst. Denn sei ehrlich, du möchtest auch nicht, dass solche Aufnahmen von dir von einem Millionenpublikum gesehen werden.

Relevanz

Konzertfotografie ist schnelllebig. Vielleicht hat die Band schon morgen ihren nächsten Auftritt. Insofern du nicht gerade für dich privat fotografiert hast, solltest du unbedingt zeitnah deine bearbeiteten Bilder an der dafür vorgesehenen Stelle abliefern. Umso schneller du bist, desto höher ist die Chance, dass eines deiner Fotos als Dankeschön für den Abend und zur Einstimmung für die Besucher des nächsten Abends in den sozialen Medien geteilt wird. Bist du für ein Media Outlet vor Ort, kennst du deine Abgabefrist. Dein Abend ist selten mit dem Konzertende wirklich zuende.

Darüber hinaus gibt es eine zweite Ebene der Relevanz, die zeitgeschichtliche. Diese greift selten innerhalb von zwei, drei Monaten, sondern vielleicht erst nach 20 Jahren. Ich erinnere mich an eine Fotografin, deren Name mir gerade nicht einfällt. Sie hat die Anfänge der Grunge-Zeit, unter anderem das erste Nirvana-Konzert, eingefangen. Sie allein, niemand sonst. Deine fotografische Anfänge in kleinen Clubs, in denen unbekannte Bands auftreten, können zu wertvollen historischen Dokumenten werden.

Fazit

Es ist nicht einfach, schnell ein paar Konzerte zu fotografieren. Zumindest dann nicht, wenn du zuverlässig gute Ergebnisse liefern möchtest. Du brauchst ein gutes Verständnis für deine Technik, die Geschehnisse vor, neben und hinter dir. Eine fundierte Vorabrecherche ermöglicht es dir, Fotos zu prävisualisieren. Die lokale Szene ist ein guter Startpunkt um die Basics zu erlernen sowie deine Networking-Skills zu trainieren. Dein Eigenschutz sollte stets an erster Stelle stehen. Viel Spaß und Erfolg!

Bonus
Photo Essay am Beispiel eines Seifenkistenrennens
Photo Essay am Beispiel eines Seifenkistenrennens

Foto-Journalisten schaffen es, mit wenigen Bildern die stimmige Geschichte eines Tages zu erzählen. Interessiert es dich, welche Art von Fotos sie als Bestandteil ihrer Story verwenden? Wenn ja, empfehle ich dir, einen Blick auf einen anderen Artikel von mir zu werfen. Darin zeige ich auf, nach welchen Motiven Foto-Journalisten gezielt suchen. Er heißt Storytelling via Photo Essay.

 , , , ,