Der heutige Beitrag kommt aus der Technikecke. Ich möchte ich Dir zeigen, wie durch gezielte Kamerabewegung während des Fotografierens sogenannte „Mitzieher“ entstehen.

Wer kennt es nicht, da rauscht ein tolles Auto oder das eigene Kind auf dem Fahrrad an einem vorbei und Du möchtest dieses Motiv mittels Foto für die Nachwelt festhalten. Ich selbst begleite bereits einige Jahre die „Formel Respekt“, ein Seifenkistenrennen, das alljährlich im Rahmen der „Dorstfelder Ferienspiele“ stattfindet. Aus einem solche Event entsammt auch das Titelfoto dieses Artikels. Die Technik des „Mitziehers“ benötige ich relativ selten und nahm mir daher vor einigen Tagen etwas Zeit, mich wieder hineinzufinden.

Der erste Ansatz für das Ablichten eines vorbeifahrenden Autos dürfte bei den meisten Anfängern sein, die Kamera im Automatikmodus zu betreiben und ihr auch die Wahl des Autofokuspunktes zu überlassen. Das führt allerdings zu zwei Problemen:

1) Vielfach fehlt es dem Bild an Schärfe, weil die Kameraautomatik bei der Belichtungszeit nur die „Freihandgrenze*“ im Auge hat, was das Verwackeln Deiner Aufnahme verhindern soll – das Motiv kann sie nicht berücksichtigen, es ist ihr schlicht unbekannt.

Diese Form der Unschärfe tritt zumeist auf, wenn nicht ausreichend Licht vorhanden ist.

2) Manchmal „trifft“ der Autofokus nicht die Stelle, die Du eigentlich „scharf“ abbilden willst. Mögliche Ursachen sind hier überwiegend solche Dinge, die im Bildvordergrund, also vor Deinem eigentlichen Objekt der Begierde liegen, z.B. Laternen am Straßenrand.

Dagegen helfen die richtige Wahl des Standpunktes und das manuelle Auswählen eines Autofokusbereiches.

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Fokus abgelenkt durch Laterne im Vordergrund

Gehen wir nun davon aus, dass Du für ausreichend Licht gesorgt, Deinen Standpunkt gut gewählt und den Autofokusbereich manuell festgelegt hast. Das Resultat sollte ein Foto sein, auf dem Dein Motiv „eingeforen“ ist. Ist die Belichtungszeit sehr kurz, scheint es wirklich still zu stehen und Du siehst keinerlei Bewegungsunschärfe, nicht einmal an den Rädern.

Wenn du damit rundum zufrieden bist, ist das völlig in Ordnung. Wenn nicht, lies weiter.

Mitzieher mit Teilautomatik

Ein besonders beliebter Weg, Bewegungen dynamisch zu fotografieren, ist der sogennante „Mitzieher“ oder „panning“ im englischsprachigen Raum. Dafür benötigst Du keinerlei Hilfsmittel, lediglich Deine Kamera sowie das Objektiv Deiner Wahl und schon kann es losgehen.

Das vollständige „Einfrieren“ von Objekten erfordert eine besonders kurze Belichtungszeit, beispielsweise 1/500 Sekunde. Final hängt das von Deinem Motiv ab. Je schneller sich dies bewegt, desto kürzer muss deine Belichtungszeit sein. Mitzieher funktionieren genau entgegengesetzt, man belichtet besonders lange. Das führt dazu, dass einzig Dein Motiv „scharf“ wird. Diese Technik kann von Dir auch bei vergleichsweise wenig Licht problemlos zum Einsatz gebracht werden.

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Gelungener Mitzieher I

1. Schritt

Beim „Mitziehen“ brichst Du die Faustregel der Freihandgrenze bewusst. Statt den Kehrwert der Brennweite als Ideal anzusetzen, nimmst Du nun den Kehrwert der Geschwindigkeit Deines Motivs. Stehst Du innerorts an einer Hauptverkehrsstraße, ist 1/50 Sekunde ein guter Richtwert. Um diese Einstellung vornehmen zu können, sollte Deine Kamera mit „Zeitvorwahl“ (TV/SV) betrieben werden. Bei der Zeitvorwahl legst Du die Belichtungszeit fest, die Kamera regelt Blende und Sensorempfindlichkeit selbstständig. Der manuelle Modus funktioniert natürlich ebenso.

2. Schritt

Da Du den Autofokuspunkt manuell gewählt hast, kannst Du nun auf einen bestimmten Punkt Deines Motives „zielen“, wenn es angefahren kommt. Bei einem Auto kann dies der Außenspiegel sein. Insofern nötig, justiere den Autofokuspunkt nach um Dein Motiv an der für Dich richtigen Stelle im Bild zu platzieren.
Alternativ kannst Du auch den Autofokus gänzlich deaktivieren und stattdessen manuell fokussieren. Ist die Blende ausreichend geschlossen, funktioniert vielfach der Mittelstreifen wunderbar für Fahrzeuge auf der Dir gegenüberliegenden Straßenseite.

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Gelungener Mitzieher II

3. Schritt

Hast Du Dein Motiv ausgemacht, fange an auf den ausgewählten Punkt wie den Spiegel zu „zielen“ und bleibe immer auf diesem, während das Auto an Dir vorbeifährt. Ist es nahezu auf Deiner Höhe, löse aus. Auch nach dem Auslösen, also während der Aufnahme, fokussierst du weiterhin auf den Spiegel. Das braucht ein wenig Übung, im Prinzip beschreibst Du beim „Mitziehen“ eine Halbkreisbewegung mit Deinem Oberkörper und bewegst Deine Kamera möglichst ausschließlich horizontal von rechts nach links oder andersrum. Ob Du mittels Einzel- oder Serienbildaufnahme bessere Ergebnisse erzielst, musst Du selbst herausfinden.

4. Schritt

Bekommst Du es partout nicht hin, ein „scharfes“ Bild zu produzieren, verkürze die Belichtungszeit auf 1/60 oder 1/80 Sekunde. Beachte: Dadurch näherst Du Dich wieder dem „normalen“ Foto an und der „Wisch-Effekt“ des „Mitziehers“, also die Unschärfe abseits Deines Hauptmotives, nimmt ab.
Bist Du ganz zufrieden mit Deinen Ergebnissen, versuche doch einmal die Belichtungszeit noch weiter zu verlängern, also 1/30 Sekunde oder noch kürzer an der Hauptverkehrsstraße zu nutzen. Das führt zu einer Verstärkung des „Wisch-Effektes“. Die Gefahr dabei ist, die Bildschärfe zu verlieren, speziell da Du beim „Mitziehen“ immer auch etwas Bewegung nach oben und unten hast. Wie lange Du belichten kannst, hängt also von Deiner ruhigen Hand ab.

Viel Spaß beim Ausprobieren!

Tipp

Am Anfang sind motorisierte Motive einfacher als Fahrräder oder dergleichen.
Vergiss nicht, beim Üben zwischendurch die Richtung zu wechseln. Es ist ein Unterschied, ob man von rechts nach links oder von links nach rechts „mitzieht“.

<div „width:100%“=““>Unschärfe durch zu lang gewählte Belichtungszeit
Unschärfe durch zu lang gewählte Belichtungszeit

*Exkurs: Freihandgrenze

Dieser Begriff entstammt der Analog-Fotografie und beschreibt die Grenze, ab der man in etwa die Kamera mit der aufgeschraubten Brennweite nicht mehr still genug halten kann um ein statisches Motiv „scharf“ abzubilden. Die Freihandgrenze definierte man früher als den Kehrwert der Brennweite. Möchtest Du also mit 50 Millimeter fotografieren, sollte Deine Belichtungszeit nicht unter 1/50 Sekunde liegen.

Heute ist dies noch mehr grobe Orientierung als früher, denn ganz genau kommt das nicht mehr hin. Kameras haben sich weiterentwickelt, es gibt Stabilisatoren in Objektiven wie Gehäusen und durch die viel höhere Abbildungsleistung der Sensoren werden „Verwackler“ viel schneller sichtbar. Aus letztgenanntem Grund wird oftmals empfohlen, die Belichtungszeit bei 50 Millimetern heute nicht unter 1/100 Sekunde zu setzen. Je länger die Brennweite, desto eher würde ich dieser Empfehlung folgen. Bei kurzen Brennweiten, gerade im Weitwinkelbereich, helfen eventuell vorhandene Stabilisatoren enorm, so dass z.T. bereits Belichtungen von einer Sekunden aus der Hand möglich sein können.

Es hilft, die Grenzbereiche des eigenen Equipments in Ruhe auszutesten und sie zu kennen um in der entscheidenden Situation die richtige Entscheidung treffen zu können.

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